Obwohl immer mehr Deutsche von Emails, Handytelefonaten und Kurznachrichten gestresst sind, heizen sie mit ihrer eigenen Erwartungshaltung die Kommunikation an. Das zeigt der Knigge-Report 2015, eine bevölkerungsrepräsentativ quotierte Studie. Durchgeführt wurde der Report vom Berliner Meinungsforschungsinstitut Gapfish unter 500 Deutschen für das Buch „Die Knigge-Kur“. Laut der Zahlen erwarten rund 19 Prozent, dass Geschäftspartner und Kollegen dauerhaft erreichbar sind. Knapp 37 Prozent erwarten dies zumindest teilweise. Das Paradoxe: Laut Studie fühlt sich mehr als jeder Zweite durch die Informations- und Kommunikationsflut unter Stress. Jeder Dritte ist von anderen Telefonaten in Bus oder Bahn genervt.
Wir befinden uns in einem Teufelskreislauf. Es fehlt an Kompetenzen, mit den neuen Kommunikationsmöglichkeiten umzugehen. Dabei geht es weniger als nur um die Frage, ob und wie in öffentlichen Verkehrsmitteln zu telefonieren oder zu mailen sei. Die Frage nach der Telefonlautstärke oder der Klingeltonmelodie sei Oberflächenkosmetik. Benimmregeln allein lösen das Problem nicht. Vielmehr muss jeder seine eigene Erwartungshaltung hinterfragen und diese klar kommunizieren und vorleben. Die Grundlage dafür sind jedoch eigene Werte.
Laut Studie wünschen sich derzeit 8 Prozent der Arbeitnehmer auf E-Mails sofort Feedback. Rund 23 Prozent rechnen mit einer Antwort binnen einer Stunde. Rund jeder Dritte will binnen Tagesfrist eine Antwort. Für viele Mailempfänger lautet ein ungeschriebenes Gesetz, so schnell wie möglich zu reagieren. Sofortige Fristen werden als Gottgegeben angenommen – selbst wenn der Absender gar keine Frist nennt. Bei aller Widersprüchlichkeit könnten ausgerechnet klar kommunizierte Zeitvorgaben für Entspannung sorgen, wenn der Absender dem Empfänger expliziert mehr als ein oder zwei Tage Zeit einräumt.
E-Mail-Flut eindämmen
Eine weitere Möglichkeit, die E-Mail-Flut und Kommunikationsgeschwindigkeit zu reduzieren, liegt in der Reduktion der Antwortgeschwindigkeit. Denn wer extrem schnell zurück kommuniziert, fordert sein Gegenüber heraus, schnell zu agieren. Das schaukelt sich hoch. Um bei der Mailkommunikation zusätzlich den Fuß vom Gas zu nehmen und um überhaupt die Ablenkungswahrscheinlichkeit durch E-Mails zu verringern, empfiehlt es sich bei Mailprogrammen wie Outlook darüber hinaus, die Vorschaufunktion zu deaktivieren.